Am Samstag, den 01.08.2020 treffen wir uns gegen 11:30 Uhr an
der Peiner Krankenhausbrücke zu einer ca. 100 km-Rennradtour (Tempo moderat).
Angedacht ist ein Zwischenstopp in einem Biergarten unterwegs und Abschluss im
Biergarten des Adenstedter Odinshains. Selbstverständlich alles unter Beachtung
der vorgeschriebenen Abstandsregelungen.
Bitte gebt mir kurz Bescheid, ob ihr dabei seid. Bei Rückfragen bitte einfach melden.
Ich freue mich auf eine schöne Tour und einen gemeinsamen
Abend mit euch.
Die Bikepacking Trans Germany ist ein Bikepacking-Event bei
dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Selbstversorgermodus auf einer 1650
Kilometer langen Strecke von Basel nach Rügen zum Kap Arkona fahren. Dabei
müssen rund 20000 Höhenmeter bewältigt werden.
Selbstversorgermodus bedeutet das keine fremde Hilfe angenommen werden darf,
keine Unterkünfte im Voraus gebucht werden dürfen und dass alles was man
unterwegs braucht selber besorgt werden muss. Es gibt einen vorgegebenen Track
der nicht verlassen werden darf, oder wenn nicht anders möglich, muss der Track
an der gleichen Stelle wo man ihn verlassen hat, wieder aufgenommen werden.
Jeder Teilnehmer hat einen Tracker bei sich der in regelmäßig Abständen die
Position meldet.
Dieses Jahr erfolgte wegen der Corona Pandemie kein gemeinsamer Start, die
Teilnehmer starteten einzeln im individuellen Zeitfahrmodus. Außerdem wurde die
Strecke so geplant das sie komplett auf deutscher Seite verlief. Aus diesem
Grund erfolgte der Start auch nicht in Basel, sondern in Rheinfelden.
Erste Etappe, schlaflos durch die Nacht
Nach
Ankunft in Basel fahre ich zum Start in Rheinfelden. Dort habe ich meine Startzeit
mit 18:00 Uhr angegeben. Die ersten 50 Kilometer flach am Rhein lang rollte es sehr gut. Ich hatte mir vorgenommen etwas in die Nacht zu fahren. Es
lief dann aber richtig gut und die Nacht war sehr schön, so entschied ich die
erste Nacht durchzufahren.
Morgens um 8 Uhr erreichte ich dann den ersten Kontrollpunkt
am Zeller Horn. Ein wunderbarer Ausblick auf die Burg Hohenzollern.
Rauf wie Runter vom Zeller Horn ging es über einen
anspruchsvollen und mit Wurzeln gespickten Trail. Gerade mit den Gravelbike
verlangt das schon einiges an Fahrkönnen. In solchen Passagen wünsche ich mir
immer mein vollgefedertes Mountainbike.
Das Wetter war wunderbar und die Landschaft herrlich.
Ich hatte mir eine Schutzhütte ausgesucht wo auch eine Quelle sein sollte. Ein
paar Kilometer vor der Hütte wurde der Weg immer steiler. Fahren war bald nicht
mehr möglich, mein Navi zeigte mir 20 Prozent Steigung an. Diese
Schwierigkeiten kurz vor Ende einer Etappe finde ich mental immer sehr
herausfordernd. Eigentlich möchte man endlich ankommen, aber es zieht und zieht
sich.
Gegen 21 Uhr erreichte ich dann endlich die Hütte. An der Quelle noch meine
Sachen und mich gewaschen und ab in den Schlafsack.
Morgens
dann etwas Regen, also Regenklamotten an uns los. Zu Anfang gleich ein
Schiebestück am Schräghang. Der Weg war so schmal das Rad und Füße nur knapp
gleichzeitig darauf passten. Immer wieder rutschte ich mit den Schuhen aus da
es extrem glitschig war. Oben angekommen dann ein toller Ausblick und ein super
Fotomotiv.
Die Beine fühlten sich trotz der langen Belastung von
gestern richtig gut an. So kann es weitergehen.
Weiter ging es durch eine wunderschöne Landschaft. Ich fuhr durch das
Gnannental, dort gibt es einen Staudamm wo noch nie Wasser aufgestaut wurde. Er
dient nur als Schutzmaßnahme vor Hochwasser das aber durch Aufforstungsmaßnahmen
bisher verhindert wurde.
Weiter ging es durchs Felsenmeer mit vielen sehr beeindruckenden und
interessanten Felsformationen.
Die Strecke wechselte von Forstwegen und Straßen sowie immer
wieder Trails.
Spät in der Nacht erreichte ich dann eine Schutzhütte bei Erlangen.
Früh morgens ging es weiter. Nach einem kurzen Stop beim
Bäcker fuhr ich durch die Fränkische Schweiz weiter zum Checkpoint 2, die
Burgruine Neideck. An der Strecke waren immer wieder sehr schöne Schlösser und
Burgruinen zu sehen, schade das keine Zeit da war um sie anzuschauen.
Im weiteren Verlauf kam ich sehr nah an die tschechische
Grenze. Das Dreiländereck bei Mittelhammer ist der Grenzpunkt von Bayern,
Sachsen und Tschechien.
Dieser Streckenteil verlief auf den alten Lochplatten wo man nur mühsam
vorwärtskam. Außerdem lag viel frisch gemähtes Gras auf dem Weg welches sich
sehr schnell im Antrieb verfängt. So war auf ein paar Kilometer schieben
angesagt.
Kurz vor dem Fichtelgebirge fand ich dann eine Hütte für die
Nacht.
Morgens dann leichter Regen, also Regensachen an und los.
Aber irgendwie ist meine Motivation abhandengekommen. Und die Beine wollten
auch nicht so richtig. Zweifel kamen auf, schaffe ich die Strecke überhaupt?
Entschuldigungen wurden zurechtgelegt. Rücken, der Hintern oder das Material?
Gründe zum Abbrechen könnte man leicht finden. Einfach zum nächsten Bahnhof und
zurück nach Hause.
Irgendwann überholte mich Christoph und meinte im nächsten Ort gibt es eine
Einkaufsmöglichkeit. Und natürlich ein ausgiebiges Frühstück. Während des
Frühstücks traf dann Floh ein. Wir quatschten eine wenig und stellten dabei
fest das wir den gleichen Freund und Bikepacker in Berlin kennen.
Ich fuhr etwas früher los und merkte sofort, dass die Kraft und Motivation
wieder da war! Erstaunlich wie entscheidend der Kopf bei solch langen
Ausdauerfahrten doch ist.
Floh überholte mich dann und wir fuhren zusammen zum Fichtelberg hoch. Der
Fichtelberg ist der längste Anstieg und mit 1215 m der höchste Punkt der BTG.
Oben war es aber alles andere als gemütlich. Wind, Nebel und
vielleicht 5 Grad, also schnell etwas Warmes übergezogen und wieder runter. Die Abfahrt ging über eine
MTB-Strecke. Und mit dem MTB hätte sie sicher Spaß gemacht. Mit dem Graveler
ohne Federung war es aber sehr anspruchsvoll. Aber ein wenig Spaß hatte ich
trotzdem. Weiter ging es an der tschechischen Grenze zum dritten Checkpoint
beim Katzstein. Hier sollte laut Plan eine Schutzhütte sein. Dort angekommen fand ich aber nur eine
überdachte Sitzgruppe. Der Shelter sollte laut Karte etwas weiter entfernt
sein. Fahren war bald nicht mehr möglich, Schieben auch nicht, weil es eine
steile Treppe herunterging. Also das Rad angeschlossen und das Gepäck in die
Hand. Aber ich fand keinen Shelter! Irgendwann sah ich oberhalb einer Treppe
ein Rad! Das musste der Shelter sein, aber dort ist schon einer? Dann merkte ich, das war mein eigenes Rad. Bin wohl im Kreis herumgeirrt. OK, also doch die Sitzgruppe. Der Tisch war allerdings so schmal das ich mich
unter ihn legen musste. Wenigsten hatte ich ein Dach über dem Kopf.
Es ging runter zur Elbe und dort nach Bad Schandau. Ein
letzter Supermarkt für die nächsten 100km. Deshalb wollte ich gestern auch
nicht mehr länger fahren. Der Markt öffnete erst um 7:00 Uhr, und ich musste
ein paar Minuten warten.
Flo meinte, nach Bad Schandau wären die Berge so gut
wie vorbei. Entweder ich habe falsch zugehört oder er hatte es falsch in
Erinnerung. Gleich nach Bad Schandau ging es erstmal locker 500 Höhenmeter
rauf. War aber relativ gleichmäßig und so konnte ich gut hochkurbeln.
Irgendwann sah ich einen anderen Bikepacker mir entgegenkommen. Die falsche
Richtung? Dann erkannte ich Eberhard, er ist die Strecke von Rügen aus
gefahren. Eine schöne Abwechslung, kurzer Talk und ein Selfie, dann ging es
weiter.
Hin und wieder waren Wege zu fahren die niemals ein
Radfahrer hochkommen würde. Auch mit einem Fully und ohne Gepäck. Kindskopf
große Steine und sehr steil. Selbst runter hätte man da seine Probleme. Aber
fluchen hilft nichts, oder jedenfalls nicht viel, also schieben und jeder Berg
ist irgendwann mal vorbei. Überhaupt hilft es meistens sich mit der Situation
abzufinden als sich dauernd darüber aufzuregen.
Und dann, irgendwann, waren die Berge tatsächlich vorbei. Ich
fuhr durch die Lausitz. Aber wenn ich dachte, jetzt ist das Schlimmste vorbei dann
täuschte ich mich. Sand statt Berge. Kilometerlange Sandwege, wenigstens hier
war das schlechte Wetter von Vorteil. Im nassen Sand fährt es ich besser als im
trockenen.
Dann sah ich Christoph vor mir sein Rad schieben. Christoph hatte mich schon
mehrmals auf der Strecke überholt. Er wollte aber nicht so lange in die Nacht
fahren und hat so mehr Pause gemacht. In dieser Zeit überholte ich ihn dann
wieder. Aber nun schiebend? Was war passiert? Ein Stein hat die Reifenflanke
aufgeschlitzt, da half auch kein Ersatzschlauch mehr. Er meinte in 10 Kilometer
kommt ein Ort, dort gibt es einen Radhändler.
Ich hatte mal gehört das man den Mantel komplett mit Gras ausstopfen kann und
so wieder vorsichtig fahren kann. Diesen Tipp gab ich ihm, und es hat
tatsächlich funktioniert!
Langsam näherte ich mich dem vierten Checkpoint, der Aussichtspunkt Tagebau
Jänschwalde. Und es fing wieder an zu regnen.
Mittlerweile war es wieder dunkel, und die Strecke führte in einen Wald. Hier war irgendwann überhaupt kein Weg mehr zu erkennen. Ich folgte dem Track auf dem Garmin und latschte dabei quer durch den Wald. Was habe ich geflucht. Der Regen wurde immer stärker, die Strecke ähnelte eher Bachläufen statt Wegen. Den Pfützen auszuweichen hatte ich längst aufgegeben. Und für die nächsten Kilometer war kein Shelter in Sicht. Da entdeckte ich am Wegesrand ein Jägerstand. Nicht so einen hohen, sondern einen auf einem kleinen Anhänger. Und nicht quadratisch, sondern rechteckig. Und mit Fenstern und einer Tür. Innen war er allerdings sehr speckig und feucht. Aber besser als nichts, also meine Plane ausgebreitet und zum Schlafen hingelegt. Austrecken konnte ich mich nicht, aber trotzdem habe ich einigermaßen gut geschlafen.
Morgens war es erstmal trocken. Es ging Richtung Spree, eine sehr schöne Gegend. Bald fing es aber wieder an zu Regnen. In Fürstenwalde konnte ich beim Bäcker erstmal ausgiebig frühstücken und mich eine wenig aufwärmen. Kurze Zeit später kam mir dann Michael entgegen. Michael kenne ich von der Brandenburg 550 und der HolyGravel. Wir sind dort schon einige Kilometer zusammen gefahren. Nun begleitete er mich für einige Kilometer. Eine tolle Überraschung und eine super Abwechslung. Bei dem ehemaligen Militärflughafen Gross-Dölln war dann der letzte Checkpoint.
Weiter ging es über endlose Sandwege durch die Heidelandschaft. Am Schiffshebewerg Oder-Havel-Kanal wurde ich wieder einmal extrem müde und steuerte eine überdachte Bushaltestelle an. Genau in diesem Moment krachte es und ein heftiges Gewitter entlud sich. Welch ein Timing. Ich legte mich auf die Bank und schlief für eine Viertelstunde. Danach regnete es noch immer, aber ich hatte ja noch Kuchen im Gepäck. Eigentlich wollte ich länger fahren, eine Zeitlang sogar mit dem Gedanken gespielt durchzufahren, aber durch den Regen wurde mir immer kälter. Außerdem machten sich der Hintern und die Hände sehr unangenehm bemerkbar. Bei einer überdachten Sitzgruppe endschied ich dann die Restnacht zu verbringen. Wenigstens war der Tisch diesmal breit genug um darauf zu schlafen.
Nach zweieinhalb Stunden weckte mich der Handywecker, heute wollte ich schließlich Rügen erreichen. Nicht wirklich ausgeschlafen machte ich mich auf den Weg. Überhaupt wurde das Schlafdefizit immer mehr zum Problem. Musste ich die Tage vorher schon immer mindestens eine Powernap Pause einlegen, erwischten mich nun aber immer häufiger heftige Schlafattacken auf dem Rad. Plötzlich fielen einem die Augen zu, man konnte nichts dagegen tun. Verschiedene Maßnahmen habe ich ausprobiert: Energydrinks, Gummibärchen die man permanent futtert, laut und falsch Lieder singen. Aber am meisten geholfen hat sich selber anzuschreien. Dabei muss man aber darauf achten das man alleine ist. Sonst wird es peinlich. Kurz vor Stralsund überkam mich wieder so ein Müdigkeitsanfall. Ich wollte aber keine längere Pause mehr machen. Also setzte ich mich auf eine Parkbank stellte das Rad vor mich und legte den Ellenbogen auf den Sattel und dann den Kopf darauf. Ich schlief sofort ein aber nach ca. 5 Minuten wurde es zu unbequem. Und diese 5 Minuten haben tatsächlich ausgereicht. Eigentlich dachte ich das die letzte Etappe flach sein wird. War sie aber nicht, auf 228 Kilometer nochmal 2000 Höhenmeter, und dazu ein heftiger Westwind. Irgendwann kam dann endlich die Brücke nach Rügen und dann die Wittower Fähre.
10 Kilometer vor dem Ziel wartete Inka mit ihrem E-Bike und begleitete mich bis zum Kap Arkona. Leider fing es kurz vorm Ziel wieder an zu regnen. Um 18:49 erreichte ich endlich Kap Arkona, nach 1650 Kilometern und 20000 Höhenmetern in sieben Tagen und 49 Minuten. Als ich mich dem Ziel nähere höre ich Applaus und sehe einige Leute! Flo, ein anderer Teilnehmer und dessen Angehörige bereiteten mir einen tollen Zieleinlauf. Vielen Dank nochmals dafür!
Ich hatte auf der gesamten Strecke keine Reifenpanne, kein technischen Defekt oder sonstige Schwierigkeiten. Bremsbeläge und Kette hatte ich neu montiert, Verschleiß ist nun sichtbar aber beide können noch einige Kilometer am Rad bleiben. Ich selbst hatte auch keine größeren körperlichen Probleme, abgesehen von Druckschmerz in den Händen und am Hintern. Ich hatte keinen größeren Einbruch, abgesehen von einigen Motivationslöchern, und die Beine waren bis zum Schluss richtig gut.
Der gedämpfte Vorbau von Redshift und die Sattelstütze von CaneCreek haben sich super bewährt.
Trotzdem bin ich mir relativ sicher, dass ich die BTG nicht noch einmal fahren werde. Aber man weiß ja nie.